Das war ja mal lecker!
Wir waren nicht in Andradas. Stattdessen habe ich ein bisschen an meiner Jacke rumgenäht, die Blümchen eingebuddelt und sonstige Gartenarbeit gemacht, Blätterteig-Teilchen gebacken und hatte einen Mittagsschlaf … inspiriert von Klaus, der lautstark in seiner Hängematte ratzte.
Gegen sieben am Abend sind wir dann zum "Olivia" gefahren – jenem Lokal, das einst unserem Gärtner (bei dem wir seinerzeit die Palme gekauft haben) gehörte und das jetzt einen neuen Besitzer hat. Dagma erzählte uns, dass das Essen sehr gut sei. Das Lokal war schon immer sehr schön; das Gebäude beherbergte wohl mal eine Olivenmühle, stand dann lange leer und wurde von besagtem Gärtner wieder zum Leben erweckt. Damals hatten die aber nur am Wochenende auf, es gab nur Pizza und Pasta und die zwei Schnarchnasen-Kellner hatten von nix eine Ahnung, schon gar nicht von Gastronomie.
Diesmal war alles ein bisschen anders: Wir wurden von der Empfangsdame begrüßt, nach der Reservierung bzw. unseren Platzwünschen gefragt und an einen Tisch geführt. Alle Tische waren nett eingedeckt und mit frischen Blumen bestückt. Eine stattliche Anzahl von Kellnern sprang herum und wir waren die ersten Gäste des Abends; in Brasilien geht man ja erst sehr spät zum Essen. Uns macht es nichts aus, die ungeteilte Aufmerksamkeit der Kellner zu genießen , wohl aber, erst so spät zu essen.
Wir studierten die Karte und weil wir uns nicht so recht entscheiden konnten und auch nicht wussten, wie groß die Portionen sind, bestellten wir schließlich ein Vier-Gänge-Menü und dazu Rotwein und Wasser. Es hat ein bisschen gedauert, bis es los ging und da ich Hunger hatte (unser Tag war ja noch nicht so nahrhaft), hätte ich nichts gegen mal ein paar Scheibchen Brot und Butter, ein bisschen Käse oder notfalls auch Oliven gehabt. Aber Wasser beschäftigt den Magen ja auch erstmal.
Als Vorspeise gab es eine mit Pilzen gefüllte Tomate (warm) auf Rucola mit verschiedenen Soßen-Tupfen, Käse, kandierten Nüssen, Pesto und Kräutern. Sehr lecker. Wir bestellten dann noch etwas Brot dazu und bekamen warme, gebutterte Brötchen serviert.
Der zweite Gang bestand aus einem leicht scharfen Risotto mit Garnelen und Kokosnuss-Milch (Bahia-Küche bzw. ähnlich der thailändischen Küche). Ebenfalls sehr lecker und Brot gab es ohne Aufforderung dazu. Da hätten wir uns reinlegen können!
Gang Nr. 3 bestand aus einem gut gebratenen Steak mit etwas Senfsoße und dazu Ratatouille, das in sehr feine Streifen geschnitten und dann zu einem Türmchen gedreht serviert wurde. Ebenfalls sehr lecker. Wenn es hierzu noch zwei kleine Bratkartöffelchen gegeben hätte, wäre es perfekt gewesen.
Nach dieser Schlemmerei machten wir erst einmal eine kurze Pause, plauderten mit zwei der Inhaber (der Laden gehört drei jungen Männern, von denen wenigstens einer auch in der Küche zugange war). Die jungen Leute gehören wohl zu einer Sorte Mensch, denen man hier nun öfter begegnet: Sie sind gut ausgebildet, wollen was Tolles auf die Beine stellen und sind bereit, dafür richtig ranzuklotzen. Von dieser Sorte Mensch ist auch der Bierbrauer, der nach deutschem Reinheitsgebot ein köstliches Bier herstellt und seit Jahren expandiert. Solche Leute braucht das Land, das lässt hoffen!
Da ich ja ein gestörtes Verhältnis zu brasilianischen Nachspeisen habe, kam ich nach dem dritten Gang mit dem Spruch rüber: "Versauen können sie das jetzt nur noch mit dem Nachtisch!". Und so war es auch!
Es kamen – sehr stylisch angerichtet – drei kleine Gläschen auf einer mit Packpapier ausgelegten Schieferplatte. Einmal eine süße Schokobombe mit einer halben Erdbeere, einmal ein gebackener Bananenklops mit irgendeiner süßen Pampe (davon konnte ich immerhin zwei Löffel essen) und im dritten Gläschen befand sich der absolute Supergau: Doce de Leite mit einem angeschmolzenen Marshmallow on Top. Der Nachtisch ging also gar nicht, aber das ist halt nicht UNSER Geschmack. Die Brasilianer sind verrückt nach dem Zeug.
Jedenfalls hatten wir einen sehr schönen Abend mit ausgesprochen leckerem Essen, aufmerksamer Bedienung und einem ansprechenden Ambiente. Zwar nicht gerade billig, aber angemessen und da das Lokal sich gut füllte, sind wohl auch Brasilianer bereit, für gutes Essen mal etwas mehr zu bezahlen. Wir werden auf alle Fälle wieder hingehen!
Mir ist das alles jedenfalls super bekommen!