Öde
Es ist schon arg langweilig, hier einfach so rumzusitzen und die Möbel zu bewachen. Dagma war mal kurz zum Kaffee hier und hat Essen vorbei gebracht. Handgefertigte Nudeltaschen und eine Tomatensoße dazu, aus irgendeinem Spezialitäten-Shop. Die hatten wir gestern als Mittagessen. Unser Abendbrot – mit Käse und Schinken gefüllte Hörnchen – sind den Ameisen zum Opfer gefallen und im Müll gelandet. Man kann hier gar nicht genug aufpassen!
Unsere Nachbarin Patricia (Haus Nr. 6) hat angeboten, einen Termin bei einem Lungenfacharzt für uns zu machen. Der Arzt soll gut sein und sie kennt ihn wohl persönlich, was auch hier hilfreich für eine rasche Terminvergabe ist. Dagma kümmert sich derweil darum, dass wir die Röntgenbilder aus der Klinik kriegen. Es musste erst einmal ein Antrag gestellt werden – brasilianische Bürokratie!
Klaus – der arme Kerl muss alles machen – darf draußen herumfahren, in die Supermärkte und zum Markt gehen, sich mit den Nachbarn treffen etc., während ich hier nur die Wände anstarren darf. Aus lauter Verzweiflung habe ich die Nähmaschine schon wieder ausgepackt und das letzte Paket Patchwork-Stoff verarbeitet. Das hatte ich mir ja im letzten Jahr als Großprojekt vorgenommen – bevor ich wusste, dass das für meine Augen gänzlich ungeeignet ist. Das ist es dieses Jahr zwar immer noch, aber ich konnte auch den Stoff nicht mehr im Schrank liegen sehen und so habe ich das jetzt einfach mal alles aneinander getackert. Schön ist anders, aber besser kriege ich das jetzt nicht hin. Wenn erst Füße in der Decke eingewickelt sind, achtet da eh kein Mensch mehr drauf.
Was mir jetzt noch fehlt, ist ein Stück Stoff, das ich von hinten dagegen nähen könnte. Den dafür vorgesehenen Stoff hatte ich im letzten Jahr ja anderweitig verwurstelt. Kurz war ich versucht, eine große Tchibo-Tischdecke zu opfern, die wir hier vermutlich sowieso nie brauchen, aber so richtig gepasst hätte das auch nicht. Mit Klaus habe ich jetzt einen Deal: Wenn ich morgen ohne zu schnaufen die Treppe hochkomme, dann fährt er mit mir in den Stoffladen. Juchuuu
Es könnte sein, dass ich dann gleich ein paar Meter Stoff mehr kaufe … falls ich einen Rückfall kriege.
Auch besucht hat uns übrigens André, der Sohn der ehemaligen Nachbarn, die im letzten Jahr in eine andere Stadt gezogen sind. Irgendetwas hatten sie hier zu erledigen und André nutzte die Gelegenheit, um bei uns vorbeizuschauen (und seine Gummibärchenration in Empfang zu nehmen). Er ist ganz schön groß geworden und hat jetzt auch jede Menge Metall im Mund. Das mit den Bärchen geht aber vermutlich trotzdem. Den "Kleinen" mag ich wirklich sehr gerne.
So, jetzt ist es wieder Zeit für meine Inhalation. Die Medikamente kommen übrigens von Boehringer in Ingelheim: